Maurizio Degiacomi 28. August 2023

Jackson Hole: Wie stehts mit Klima- und Biodiversitätsrisiken?

Vom 24. – 26.08.23 fand das diesjährige Wirtschaftssymposium in Jackson Hole statt. Gastgeber war die Federal Reserve Bank of Kansas City. Eingeladen wurden Zentralbanker:innen, Politiker:innen und Akademiker:innen aus der ganzen Welt. Aber wieso gerade Jackson Hole und nicht Kansas City, wo das Fed, die US Zentralbank, einen Sitz hat? Journalist Neil Irwin hat die Antwort: «In den frühen 1980er Jahren lernten die Verantwortlichen der Fed von Kansas City, dass der beste Weg, um sicherzustellen, dass der Fed-Vorsitzende Paul Volcker eine Einladung annehmen würde, darin bestand, die Veranstaltung an einem Ort mit gutem Fliegenfischen im späten August abzuhalten».

Das Thema des diesjährigen Symposiums lautete: «Strukturelle Verschiebungen in der Weltwirtschaft». Was auffällt ist, dass die Klima- und Biodiversitätskrise und deren Auswirkungen auf die Finanzstabilität und die Wirtschaft erneut wieder nur am Rande Thema sind. Die Zentralbanker versuchen alles, um jegliche Verantwortung von sich zu weisen. Dabei konnten die Besucher:innen des Symposiums bereits letztes Jahr unmittelbar die Auswirkungen der Klimakrise auf die Natur rund um Jackson Hole erleben. Ob Paul Volcker unter diesen Bedingungen teilnehmen würde?

Das FED und leider auch die Schweizerische Nationalbank stehen im Umgang mit der Klima- und Biodiversitätskrise besonders schlecht da: Sie haben weder die Dringlichkeit zu handeln erkannt noch konkrete Massnahmen ergriffen. Aber auch die anderen Zentralbanker:innen und Finanzregulierungsbehörden sind nach wie vor weit davon entfernt, Verantwortung zu übernehmen und ihre indirekte Unterstützung der fossilen Industrie kritisch zu hinterfragen. Dass eine Dekarbonisierung der Wirtschaft einen substantiellen Beitrag zur Preis- und Finanzstabilität leisten könnte, und daher offensichtlich zum Mandat der Zentralbanken gehört, übersteigt leider ihre Vorstellungskraft. Das kommt daher, dass der Gedankengang nicht mit dem längst überholten und zur Lösung der Probleme unserer Zeit völlig ungeeigneten institutionellen Settings vereinbar ist.

Den zivilgesellschaftlichen Akteur:innen bleibt nichts anderes übrig, als den Druck weiter zu erhöhen. Das kann nur geschehen, wenn sich eine breit abgestützte Allianz bewusst wird, welche zentrale Rolle die Zentralbanken und Regulierungsbehörden haben und sich aktiv für eine Neuausrichtung des Geld- und Finanzsystems einsetzt. Solange die Geldquellen für Umwelt- und Klimazerstörung weiter sprudeln, wird unser Planet weiter aufgeheizt, bis er in weiten Teilen unbewohnbar sein wird.

Dies  zeigte auch das Forum für Klimagerechtigkeit und Finanzregulierung Ende Juni in Basel auf. Eine Vielzahl von Organisationen und Aktivist:innen rückten gemeinsam die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in den Fokus, als die Zentralbanker:innen sich dort zur Jahresversammlung trafen. Heute, nur wenige Wochen später, werden diese in Jackson Hole bereits wieder mit diversen Aktionen und einem offenen Brief  an ihre Verantwortung erinnert. Jackie Fielder, Co-Direktorin der Koalition Stop the Money Pipeline, bringt es auf den Punkt:

«Eine ernsthafte, aufrichtige Diskussion über strukturelle Verschiebungen in der Weltwirtschaft ist nicht möglich, wenn man die Klimakrise und die damit einhergehenden Risiken einfach ignoriert».

Sowohl international wie auch in der Schweiz liegt es mehr denn je an der Zivilgesellschaft, die Kräfte zu bündeln und eine Änderung der Spielregeln im Geld- und Finanzsystem einzufordern. Die gesamte Finanzwelt muss wieder auf ihren ursprünglichen Sinn und Zweck verpflichtet werden: Mensch und Umwelt zu dienen statt sie zu zerstören.