SNB kehrt Umweltsündern den Rücken zu: Sie steigt bei Rio Tinto und weiteren Konzernen aus
Bern, 24. Oktober 2025: Die Schweizerische Nationalbank (SNB) ist aus dem Bergbaukonzern Rio Tinto und den Energiekonzernen Tullow Oil und EnQuest ausgestiegen. Damit setzt sie ihren schrittweisen Rückzug aus Unternehmen fort, die für gravierende Umweltschäden und Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind. Die Veräusserung der Anteile an den Energiekonzernen Shell und Chevron wurden im Frühling bekannt.
Das WAV Recherchekollektiv stellte fest, dass die SNB im 2025 rund 3.8 Millionen Aktien des anglo-australischen Bergbaukonzerns Rio Tinto im Wert von rund 230 Millionen USD verkaufte. Laut einer Reuters-Analyse hat die SNB seit 2024 mehr als das Doppelte des Wertes ihrer Investitionen in Öl- und Gasunternehmen verkauft. Diese Schritte folgen der kontinuierlichen Öffentlichkeitsarbeit der Unsere-SNB-Koalition, SNB-Aktionär:innen und einer Mapuche-Delegation, die 2024 über die schädlichen Auswirkungen von Unternehmen wie Chevron und Shell auf ihrem Territorium in Argentinien berichteten.
„Dies ist ein bedeutender Schritt in die richtige Richtung”, betont Asti Roesle, Verantwortliche für Finanzplatz und Klima bei der Klima-Allianz Schweiz. „Aber die SNB könnte ihren Spielraum noch aktiver nutzen, denn sie ist verpflichtet, mit ihrer Finanz- und Geldpolitik die Klima- und Biodiversitätsziele der Schweiz zu unterstützen.”
Guillaume Durin von BreakFree Suisse ergänzt: “Leider handelt die SNB viel zu langsam. Neben Energiekonzernen hält sie immer noch über 100 Millionen US-Dollar in sogenannten ‚Kipp-Punkt‘-Unternehmen, die für massive Verluste an Biodiversität und Umweltschäden verantwortlich sind. Wie viele Blatten müssen wir noch erleben, bevor die SNB ihre eigenen Richtlinien vollständig einhält?”
Transparente Kommunikation statt Spekulation
Die Gründe für die jüngste Desinvestitionen der SNB bleiben unklar. Auf ihrer Website nennt die SNB systematische Vergiftung von Gewässern und die Zerstörung der Biodiversität ausdrücklich als Gründe für einen Ausschluss aus dem Portfolio. Rio Tinto, Chevron und Shell waren in Gerichtsverfahren verwickelt: Rio Tinto wurde im Januar 2025 wegen Wasserverschmutzung in Kanada verurteilt, Chevron musste im Mai 2025 eine Strafe von 740 Millionen USD bezahlen und Shell ist in einen laufenden Rechtsstreit wegen Wasserverschmutzung im Nigerdelta verwickelt.
Die mangelnde Transparenz schränkt die potenziell positiven Auswirkungen solcher Massnahmen ein. Dr. Alain Naef von der ESSEC Business School stellt fest: “Im Gegensatz zur Norges Bank, die ihre Ausschlüsse offen kommuniziert, verhindert das Schweigen der SNB, dass diese Entscheidungen bessere Marktnormen setzen.”
Um die Wirkung zu verstärken, sollte die SNB zudem über eine passive Anlagestrategie hinausgehen. Carolin Carella, Expertin für nachhaltige Finanzen beim WWF Schweiz, ist der Meinung, dass “eine aktivere Anlagestrategie sowohl ein vorsorgliches Management von Klima- und anderen naturbezogenen Risiken als auch eine volle Ausschöpfung des geldpolitischen Handlungsspielraums der SNB ermöglichen würde.”
Die Forderungen der Unsere-SNB-Koalition:
- Mehr Transparenz: Die SNB sollte zu den Firmen in ihrem Portfolio transparent kommunizieren. Sie muss erklären können, welche Unternehmen aus welchen Gründen ausgeschlossen werden und inwiefern sie Aktionärsengagement betreibt und ihr Stimmrecht bei den verbleibenden Firmen im Portfolio nutzt.
- Konsequente Ausschlüsse: Alle Unternehmen, die gegen die Anlagekriterien der SNB verstossen, müssen aus dem Portfolio der Nationalbank ausgeschlossen werden.
- Stimmrechte nutzen und Eskalationsstrategie umsetzen: Bei allen Unternehmen im Portfolio sollte die SNB ihre Aktionärsrechte (einschliesslich Stimmrecht) aktiv nutzen, um klimaschädliche und rechtsverletzende Geschäftspraktiken zu beenden (gemäss der Empfehlung des UN- Expertenberichts von 2022). Die Unternehmen müssen zeitgebundene, messbare und öffentlich kommunizierte Ziele festlegen. Wenn Unternehmen nicht handeln, sollten sie innerhalb eines klar definierten Zeitrahmens ausgeschlossen werden.
Medienkontakte:
- Asti Roesle, Verantwortliche für Finanzplatz und Klima bei der Klima-Allianz Schweiz, asti.roesle@klima-allianz.ch, Tel. 079 277 33 85
- Guillaume Durin, Finanzkampagnenleiter bei BreakFree Suisse, guillaume_durin@protonmail.ch, WhatsApp/Telegram: 0033 66 49 48 443
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