Anlagepolitik
Forderung 2:
Anlage der Aktiven der SNB (Devisenportfolio)
Eine ökologische und gerechte Ausrichtung des Devisenportfolios der SNB, welches proaktiv und effektiv dazu beiträgt, dass die Treibhausgasemissionen in der Realwirtschaft bis 2025 um mindestens 50 % und bis 2030 um mindestens 70 % gesenkt werden, bis 2040 Netto-Null sind und sich die Biodiversität bis 2050 vollständig erholt.1
Was sind Devisen?
Forderung 2A
Die SNB veröffentlicht alle ihre Anlagepositionen in ihrem Devisenportfolio sowie die durch diese Investitionen finanzierten Treibhausgasemissionen und die verursachte Biodiversitätszerstörung und muss die Daten alle sechs Monate aktualisieren.
Erläuterung zu Forderung 2A
Weshalb ist Transparenz wichtig?
- Transparenz ermöglicht es politischen Entscheidungsträger:innen, Wirtschaftsakteur:innen und Bürger:innen, Einsicht in die SNB-Entscheidungen zu erhalten. Dies gehört zur Rechenschaftspflicht der SNB und erlaubt einen informierten Diskurs über die SNB und ihre Entscheide. Das ist wichtig, um das Vertrauen in diese wichtige und zentrale Institution zu schützen.
- Zudem ist es ein Recht der Schweizer Gesellschaft zu wissen, was mit dem Schweizer Geld geschieht. Denn die Investitionstätigkeiten der SNB beeinflussen den Verlauf der Klimaund der Biodiversitätskrise, und diese Krisen wiederum beeinflussen unser gesellschaftliches Wohlbefinden.
- Weiter ist es für die in der Schweiz lebende Bevölkerung wichtig zu wissen, ob der Schweizer Finanzplatz, wie auch in der Vergangenheit, durch gestrandete Vermögenswerte «stranded assets» zu einem Klumpenrisiko für die gesamte Schweizer Volkswirtschaft werden kann.
Positive Beispiele von anderen Zentralbanken zu Forderung 2A
- Die EZB legt ihre Unternehmensanleihen nach Unternehmen und Sektoren offen.
- Die Bank of England legt klimabezogene Finanzdaten offen.
- Der norwegische Staatsfonds legt mehr Daten offen als die SNB (ist keine Zentralbank).
Forderung 2B
Die SNB legt ihre Anlagestrategie für ihr Devisenportfolio (>1000 Mrd. CHF) offen, indem sie alle Massnahmen (z.B. Ausschluss, Engagement, Abstimmungen usw.) darlegt, wie sie proaktiv und effektiv zum Netto-Null-THG-Ziel bis 2040 und zur vollständigen Wiederherstellung der Biodiversität bis 2050 beitragen kann. Zudem gibt sie jährliche Ziele an.
Folgende Massnahmen müssen mindestens umgesetzt werden:
- SNB verkauft alle Aktien von Unternehmen und Projekten, die mehr als 5 % ihrer Einnahmen aus der Förderung, dem Handel oder dem Verkauf von Kohle, Gas und Öl sowie aus der Abholzung von Wäldern erzielen (divestment). Alle Unternehmen, die den Netto-Null-Pfad der Internationalen Energieagentur bis einhalten, können im Portfolio verbleiben, wenn sie jährlich signifikante Fortschritte melden.
- Es sollten anschliessend nur noch Unternehmen und Projekte ins Devisenportfolio hinzukommen, die über überzeugende, sinnvolle, öffentlich einsehbare und zugängliche Übergangspläne (SBTi) verfügen.²
Erläuterung zu Forderung 2B
Weshalb sollen die investierten Gelder die Klimakrise und den Biodiversitätsverlust berücksichtigen und dazu beitragen, diese zu bekämpfen?
- Die SNB hat mit ihren Geldern eine erhebliche Hebelwirkung auf die investierten Staaten und Unternehmen. So gehört sie zu den grössten öffentlichen Investoren der Welt (2019 befand sie sich auf Rang 8).
- Die Schweiz hat das Pariser Klimaabkommen unterzeichnet und ratifiziert. Im Artikel 2.1c dieses Abkommens steht, dass alle Finanzflüsse eines Staates klimakompatibel werden sollen. Alle Länder, die diese Konvention unterschreiben, müssen sich an die dort formulierten Regeln halten. Auch staatliche Institutionen oder Organisationen (dazu gehört auch die SNB) haben die Aufgaben wahrzunehmen, die sich aus international verbindlichen Verträgen ableiten.
- Dass sich die SNB als staatliche Institution erlaubt, das von der Eidgenossenschaft unterzeichnete Pariser Klimaabkommen und das Abkommen über die biologische Vielfalt zu ignorieren, schadet dem Ruf der Schweiz als verlässlicher internationaler Vertragspartner und wirkt den Ambitionen des Finanzplatzes, eine weltweit führende Rolle im Bereich Sustainable Finance zu übernehmen, entgegen.
- Investieren bedeutet auch Verantwortung übernehmen. Die SNB sollte nicht nur die kurz- und mittelfristige, sondern auch die langfristige Preis- und Finanzstabilität im Blick haben. Aktien von Unternehmen im Portfolio zu halten, die massiv dem Klima schaden, ist unverantwortlich: Eine Anlagepolitik ist nur sicher, wenn sie die Klimaverträglichkeit von Investitionen berücksichtigt. Nicht klimaverträgliche Investitionen sind tendenziell risikobehafteter als klimafreundliche. So besteht auch ein erhebliches Risiko von Kursverlusten usten bei entsprechenden Finanzkontrakten (stranded assets). Dass die SNB mit Volksvermögen riskante Wetten eingeht, ist inakzeptabel.
Weshalb sich die SNB insbesondere von fossilen Energieunternehmen trennen soll:
Positive Beispiele von anderen Zenralbanken zu Forderung 2B
… öffentliche Investitionsstrategien:
- Die Banque de France hat seit 2018 eine Charta für verantwortungsbewusstes Investieren mit einem klaren Ziel der Pariser Abkommen.
- Die Bank of England verfolgt einen Ansatz, ihre Käufe von Unternehmensanleihen umweltfreundlich zu gestalten.
- Die Bank of Finland kündigte im September an, ihr 10,3 Milliarden Euro schweres Anlageportfolio bis 2050 klimaneutral zu stellen. Die Zwischenziele werden überprüft und die Ergebnisse regelmässig gemeldet. Die Bank of Finland hat nun Zwischenziele für ihre eigenen Investitionen angekündigt, die eine Beschränkung von fossilen Brennstoffen ab 2022 vorsehen.
… divestment:
- Schwedische Zentralbank
- Die Schwedische Pensionskasse AP1 verkündete, dass sie ihr Portfolio von Unternehmen, die mehr als 5 % ihres Ertrags von fossiler Energieproduktion und -verteilung generieren, veräussern wird.
Die Bank of Finland hat für jede Anlageklasse Zwischenziele festgelegt und sich beispielsweise verpflichtet, sektorspezifische Beschränkungen für Kohle, Öl und Gas in ihrem Unternehmenskreditportfolio
…einzuführen überzeugende, sinnvolle, öffentlich einsehbare und zugängliche Übergangspläne:
- Die Norges Bank investiert nur in Unternehmen, von denen sie glaubt, dass sie den Übergang schaffen werden, und nicht in Unternehmen, die sich nicht im Übergang befinden.
- Die Grundsätze der Bank of England für die Ökologisierung des Programms zum Ankauf von Unternehmensanleihen enthalten Kriterien für Übergangspläne.
Forderung 2C
Eine regelmässige Messung der Fortschritte im Hinblick auf die Anpassung an das Pariser Klimaabkommen und das Übereinkommen über die biologische Vielfalt. Falls keine Angleichung erfolgt, evaluiert die SNB spätestens 2025 welche weiteren Massnahmen in Anbetracht der Klima- und Biodiversitätsziele umgesetzt werden müssten.
Erläuterung zu Forderung 2C
Das effektive Krisenmanagement hängt davon ab, dass die umgesetzten Massnahmen regelmässig überprüft werden. Analog den üblichen Inflations- und Wachstumsprognosen soll die SNB auch regelmässig abklären, ob sie die Klima- und Biodiversitätsziele erreicht.
Quellen und Referenzen:
[1] Begründungen für die Klima- und Biodiversitätsziele finden sich unter “Übersicht und Hintergrundinfos”.
[2] Science Based Targets. Financial Institutions.
[3] Die 30 % Schwelle bewirkt zudem, dass Investitionen in Mischkonzerne, die wie Glencore nur einen Teil ihrer Einnahmen aus Kohle erzielen, immer noch berücksichtigt werden. Ausserdem schliesst sie nur Betreiber von Kohleminen, nicht aber von Kohlekraftwerken aus. So hat die Nationalbank seit dem Pariser Klimaabkommen ihre Beteiligung am grössten US-amerikanischen Kohlekraftwerksbetreiber Duke Energy auf 350 Millionen Dollar verdoppelt! (Klima-Allianz: Duke Energy: Schweizer Geld für Kohle und Greenwashing). Dieses weithin proklamierte Ausschlusskriterium schliesst also nur fünf der 148 fossilen Energieunternehmen aus, die die SNB in ihren Anlageportfolios hält (Klima-Allianz: SNB-Ausstieg aus Kohleminen).
[4] Novethik (2021). Exclusion of fossil fuels: Are investors ready to change track?
[5] Eric Jondeau & Benoit Mojon & Luiz Awazu Pereira da Silva, 2021. Building benchmarks portfolios with decreasing carbon footprints. BIS Working Papers 985, Bank for International Settlements.
[6] Bloomberg (2021). Norway Wealth Fund Ratchets Up Divestments Based on ESG Risk.
[7] Siehe die Factsheets über die fossilen Energieunternehmen Total, Shell, ExxonMobil, Enbridge, Duke Energy, oder Chevron, in welche die SNB investiert.
[8] Auke Plantinga und Bert Scholtens (2020). The financial impact of fossil fuel divestment.
[9] Bundesamt für Umwelt (BAFU) (2015). Kohlenstoffrisiken für den Finanzplatz Schweiz.
[10] BAFU (2016). Klimafreundliche Investitionsstrategien und Performance.
[11] Martin Rohleder, Marco Wilkens und Jonas Zink (2022). The effects of mutual fund decarbonization on stock prices and carbon emissions.